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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 06.11.2007
Aktenzeichen: 14 SaGa 39/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1 | |
ZPO § 935 | |
ZPO § 940 |
2. Der allgemeine Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers im streitlos bestehenden Arbeitsverhältnis kann im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden.
3. Im Falle des Streits um eine Versetzung erscheint es zweifelhaft, ob ein Verfügungsanspruch nur dann besteht, wenn die Versetzung offensichtlich unwirksam ist. Jedenfalls besteht im Falle einer offensichtlich unwirksamen Versetzung kein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Beschäftigung mit der zugewiesenen Tätigkeit.
4. Der für eine einstweilige Verfügung auf Beschäftigung erforderliche Verfügungsgrund setzt jedenfalls dann, wenn an dem Bestand des Verfügungsanspruchs kein vernünftiger Zweifel besteht, nicht das Vorliegen eines Notfalls oder den drohenden Eintritt schwerster Nachteile voraus. Es genügt ein überwiegendes Interesse an der zeitnahen Durchsetzung.
5. Ein Verfügungsgrund entfällt unter dem Gesichtspunkt der Selbstwiderlegung der Dringlichkeit nicht, wenn der Arbeitnehmer aufgrund von Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über einen anderweitigen Einsatz oder eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zunächst nicht im Wege der einstweiligen Verfügung die Beschäftigung in der bisherigen Tätigkeit verlangt. Es genügt, wenn er zeitnah mit der Zuweisung der neuen Tätigkeit einen entsprechenden Antrag stellt.
6. Ein Verfügungsgrund entfällt unter dem Gesichtspunkt der Selbstwiderlegung der Dringlichkeit nicht, wenn der Arbeitnehmer nach dem erstinstanzlichen Urteil, das seinen Antrag zurückweist, die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist voll ausschöpft.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 6. Juli 2007 (2 Ga 10/07) abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor dem Arbeitsgericht Paderborn (2 Ca 1038/07) als Leiter der Logistik der Beklagten gemäß dem Anstellungsvertrag vom 22. März 2002 und der Stellenbeschreibung vom 9. Mai 2005 zu beschäftigen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf 12.730,00 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Parteien streiten im Wege der einstweiligen Verfügung über den Anspruch des Klägers auf vertragsgemäße Beschäftigung.
Der Kläger war seit dem 1. Mai 1986 bei der Fa. H2 KG beschäftigt, davon seit 1988 als Leiter der Organisationseinheit Verpackungsplanung. Seit dem 1. April 2002 ist er für die Beklagte tätig. Grundlage ist ein vom Kläger am 30. April 2002 unterzeichneter schriftlicher Anstellungsvertrag vom 22. März 2002 (wegen der Einzelheiten vgl. Bl. 32 ff. d.A.), der auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
"1. Aufgabenbereich
Sie sind in unserem Unternehmen als Leiter der Organisationseinheit "Logistik (HLS-LOG)" tätig und in dieser Funktion dem Leiter der Organisationseinheit Signalleuchten Fertigung (HLS-F) unterstellt.
Wir behalten uns vor, Ihnen im Bedarfsfall auch eine andere Ihrer Vorbildung und Ihren Fähigkeiten entsprechende Aufgabe zu übertragen. Falls derartige Veränderungen notwendig werden, werden wir uns bemühen, Ihnen am gleichen Standort oder an einem anderen Standort eine Stellung anzubieten, die der vorherigen gleichwertig ist.
2. bis 13. ...
14. Anrechnung HKG-Betriebszugehörigkeitszeit
Ihre bei der H2 KG zurückgelegte Betriebszugehörigkeitszeit wird auf die neue Betriebszugehörigkeitszeit bei HLS angerechnet.
15. ..."
Die Jahresbruttovergütung betrug zuletzt 76.375,00 €. Für die Stelle des Klägers existiert eine Stellenbeschreibung vom 9. Mai 2005 (wegen der Einzelheiten vgl. Bl. 36 f. d.A.). Danach lautet die Stellenbezeichnung "Leiter Werklogistik", die Stelle ist der Organisationseinheit "HLS-LOG" (H2 Leuchten Systeme Logistik) zugeordnet, die vorgesetzte Stelle ist die Geschäftsführung der Beklagten, damals in der Person Dr. R2. Dem Kläger sind 50 Mitarbeiter unterstellt, davon acht direkt, 42 indirekt. Das Ziel der Stelle lautet:
"Leiten des Verantwortungsbereiches gemäß den Unternehmensgrundsätzen zur Führung und Zusammenarbeit, um die gesamte logistische Prozesskette nach Qualität, Menge, Terminen und Wirtschaftlichkeit zu erfüllen und eine kontinuierliche Verbesserung zu gewährleisten.
Aufgaben der Logistikleitung sind die Distributionslogistik zu organisieren und zu gestalten, die Lagerlogistik zu planen, zu steuern und zu überwachen, im Supply Chain Management effiziente Methoden zu implementieren, mehr Kapazität und kürzere Durchlaufzeiten in der Produktionslogistik zu erzielen sowie Kennzahlen und Controlling für ein aussagekräftiges Logistik-Reporting zu entwickeln."
Nach dem Organigramm für den Bereich Logistik ("Organigramm HLS-LOG", Bl. 106 d.A.) von März 2002 waren dem Kläger als Leiter des Bereichs Logistik die Bereiche Disposition, Produktionsplanung und innerbetrieblicher Transport/Warenannahme zugeordnet, darüber hinaus die Bereiche Arbeitssteuerung in den Fertigungsbereichen HLS-F 11, 12, 21 und 22. Zu einem zwischen den Parteien strittigen Zeitpunkt (2005 oder 2006) wurden die dem Verantwortungsbereich des Klägers unterstehenden Disponenten für den Bereich Produktionsplanung der Fertigung zugeordnet und ihm disziplinarisch nicht mehr unterstellt.
Ab dem 1. April 2007 organisierte die Beklagte ihren Bereich Logistik um. Im Einzelnen gehören hierzu nunmehr die Produktionsversorgung und die Produktionsentsorgung (Inhalt: Materialflusssteuerung, Linienversorgung, Bereitstellung Werkzeug und Vorrichtungen), die Produktionsplanung (Inhalt: Produktionsplan, Fertigungssteuerung und Beschaffungsdisposition), die Vorserienlogistik (Inhalt: Planung/Disposition und Engpassmanagement), die Logistik Vorserie/Neuanlauf (Inhalt: Bereitstellung, Steuerung, Lagerung und Verpackung), die Vertriebsdisposition Serienfertigung (Inhalt: Auftragsabwicklung), die Logistiksysteme (Inhalt: Systemgestaltung), das Stammdatenmanagement (Inhalt: Stammdaten und Logistikcontrolling), die Verpackungsplanung (Inhalt: auf Kundenseite und auf Einkaufseite) sowie die Informationssysteme (ERP = Anwendungssoftware zur Unterstützung der Ressourcenplanung eines ganzen Unternehmens, Netzwerk, Individual-IT). Der Anteil der Stellen stieg im Zusammenhang damit von zuvor 46 Stellen auf 107,5 Stellen. Die Leitung dieses Logistikbereiches übertrug die Beklagte dem Mitarbeiter S7. Die hierfür erstellte, undatierte und nicht unterzeichnete Stellenbeschreibung (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 171 f. d.A.) bezeichnet die Stelle als "Leiter Logistik Gesellschaft". Nähere Angaben zur Organisationseinheit und Vorgesetztenstelle fehlen, ebenso zum Umfang der Mitarbeiterverantwortlichkeit. Als Ziel der Stelle ist definiert:
"Koordination und Weiterentwicklung der Waren- und Informationsflüsse (inkl. Beschaffungs-, Produktions- und Distributionslogistik sowie der begleitenden Informationsflüsse) entlang der gesamten Logistikkette für HLS (Supply Chain Management) um die logistische Qualität bezüglich Qualität, Termine und Kosten zu steigern sowie die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und die Rentabilität der Gesellschaft zu steigern."
Der Kläger wird seit dem 1. April 2007 nicht mehr in seiner bisherigen Funktion beschäftigt. Eine Besetzung der vorgenannten Stelle kam nach Auffassung der Beklagten wegen seiner nicht ausreichenden fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, insbesondere wegen mangelnder Fachkenntnisse bezüglich neuer und umfassender Supply-Chain-Management-Strategien nicht in Betracht. Die Parteien führten mehrere Gespräche, in welchen es darum ging, dem Kläger eine andere vergleichbare Stelle bei der Beklagten oder im H2-Konzern zuzuweisen bzw. das Arbeitsverhältnis insgesamt einvernehmlich zu beenden. Die Gespräche blieben ergebnislos. Mit Schreiben vom 12. Juni 2007 (Bl. 38 d.A.), dem Kläger am 14. Juni 2007 übergeben, versetzte die Beklagte ihn rückwirkend zum 1. April 2007 als Senior Projektmanager in die Abteilung HLS KST 2000. Mit einem weiteren Schreiben vom 14. Juni 2007 (Bl. 39 d.A.), dem Kläger am 20.Juni 2007 zugegangen, wiederholte die Beklagte die Versetzung, diesmal mit Wirkung zum 25.Juni 2007. Die ebenfalls undatierte Stellenbeschreibung sieht als Stellenbezeichnung "Senior Projektmanager (Logistik)" in der Organisationseinheit "HLS" vor, vorgesetzte Stelle ist danach die Geschäftsführung. Eine disziplinarische Führung von Mitarbeitern ist nicht vorgesehen. Als Ziel der Stelle ist definiert:
"Durchführen strategischer und umfangreicher Projekte in der Logistik von unter Einbindung aller benötigter multilokaler Ressourcen zur Erfüllung der Kundenanforderungen
Umsetzung von umfassenden Prozess- und Geschäftsveränderungen entlang der Wertschöpfungskette im Geschäftsbereich Handel auf der Basis von im Team erarbeiteten Konzepten und Analysen
Leitung von internationalen und komplexen Projekten zur Verbesserung der logistischen Prozesse mit hohem Innovationswert und Verbesserung der Leistungs- und Kostenposition
Wesentliche Zielgrößen sind: Harmonisierung der Abläufe in der Supply Chain für ausgewählte Abschnitte, Erhöhung der Lieferservices/Artikelverfügbarkeit, Reduzierung der Bestände, Gesamtkosten"
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie der Stellenbeschreibung (Bl. 40 f. d.A.) Bezug genommen.
Mit der Aufgabe der bisherigen Tätigkeit hatte der Kläger sein Einzelbüro zu räumen und wurde vorübergehend in einem Großraumbüro an einen Schreibtisch gesetzt (wegen der Einzelheiten vgl. Fotografien Bl. 47 ff. d.A.). Zwischenzeitlich teilt er sich ein Büro mit zwei weiteren Mitarbeitern, darunter eine Mitarbeiterin, die zuvor in der Montage war und von einem Mitarbeiter des Klägers in den Bereich Verpackungsplanung eingearbeitet wurde.
Mit seiner beim Arbeitsgericht am 22.Juni 2007 eingegangenen Antragsschrift hat der Kläger die Weiterbeschäftigung in seiner bisherigen Position als Leiter der Werklogistik verlangt. Ein entsprechender Anspruch bestehe, weil der Änderungsvorbehalt im Arbeitsvertrag unwirksam sei und die Versetzung nicht der Billigkeit i.S.d. § 315 Abs. 3 BGB entspreche. Die Stelle des Senior Projektmanagers sei mit seiner bisherigen Tätigkeit nicht gleichwertig. Der neue Logistikleiter sei nunmehr fachlich vorgesetzt. Die Versetzung stelle eine nicht hinnehmbare Degradierung dar und sei offensichtlich unwirksam, dies nicht zuletzt deshalb, weil nicht ersichtlich sei, dass der Betriebsrat vor der Versetzung beteiligt worden wäre. Der notwendige Verfügungsgrund bestehe in dem Verlust seines Anspruchs auf vertragsgemäße Beschäftigung, dem drohenden Ansehensverlust und der dadurch insgesamt drohenden erheblichen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn ab sofort gemäß seinem Anstellungsvertrag vom 22.März 2002 und der Stellenbeschreibung vom 9. Mai 2005 als Leiter der Werklogistik der Beklagten weiterzubeschäftigen,
2. hilfsweise die Antragsgegnerin zu verurteilen, ihn ab sofort bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gemäß seinem Anstellungsvertrag vom 22.März 2002 und der Stellenbeschreibung vom 9. Mai 2005 als Leiter der Werklogistik der Beklagten weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, im Zuge der von ihr vorgenommenen Reorganisation des Bereichs Logistik habe die Position des Logistikleiters einen wesentlich größeren Verantwortungsbereich und höheren Stellenwert erhalten und sei nicht mehr mit der alten Stelle des Leiters der Werklogistik vergleichbar. Die Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag sei nicht zu beanstanden, die Versetzung sei auch sonst wirksam. Zwar fehle dem Kläger nunmehr die Mitarbeiterführungsbefugnis, er habe aber umfassende Leitungsaufgaben und Befugnisse. Er habe sich mit dem neuen Logistikleiter lediglich abzustimmen. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß unterrichtet worden und habe gegen die geplante Versetzung keine Einwände gehabt. Darüber hinaus fehle es an einem Verfügungsgrund. Eine besondere persönliche Beschwer habe der Kläger nicht glaubhaft gemacht und im Übrigen die Dringlichkeit dadurch selbst widerlegt, dass er bereits seit 1. April 2007 seine vormalige Tätigkeit nicht mehr ausübe.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 6. Juli 2007 die Anträge zurückgewiesen. Es lasse sich schon nicht die (erste) Voraussetzung für den Erlass der einstweiligen Verfügung feststellen, dass die Versetzung des Klägers auf die Stelle eines Senior Projektmanagers offensichtlich unwirksam sei. Die Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag sei wirksam. Die Zuweisung der Position des Senior Projektmanagers sei trotz der unstreitig fehlenden Mitarbeiterführungsbefugnisse aufgrund der verbleibenden anderen umfassenden Leitungsaufgaben und Befugnisse nicht offensichtlich unbillig i.S.d. § 106 GewO, § 315 Abs. 3 BGB. Darüber hinaus könne man den erforderlichen Verfügungsgrund bereits unter dem Gesichtspunkt einer Selbstwiderlegung der Dringlichkeit verneinen, weil der Kläger durch sein Zuwarten seit dem 1. April 2007 zu erkennen gegeben habe, dass es ihm auf eine Durchsetzung der Weiterbeschäftigung auf der Position eines Leiters der Werklogistik im Wege der einstweiligen Verfügung nicht ankomme. Jedenfalls fehle der Verfügungsgrund, weil eine Notlage, in der der Kläger auf die sofortige Erfüllung seines Beschäftigungsanspruches dringend angewiesen sei, nicht dargelegt sei. In Bezug auf die den Beschäftigungsanspruch begründende, ihn beherrschende und prägende ideelle persönlichkeitsrechtliche Komponente, die dadurch gekennzeichnet sei, dass dem Arbeitnehmer, der vertragsgemäße Beschäftigung fordere, vom Arbeitgeber entsprechende Gelegenheit gegeben werden müsse, sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Kläger nicht "zu Untätigkeit verdammen", sondern ihn weiter einsetzen wolle. Anders als die Nichtbeschäftigung berühre die Beschäftigung mit anderen Tätigkeiten nicht ohne Weiteres auf den ersten Blick die ideellen Interessen des Arbeitnehmers an einer Beschäftigung. Dass das Ansehen oder die soziale Geltung des Klägers geschädigt werde bzw. eine Diskriminierung oder Herabsetzung seiner Person durch die Maßnahme erfolge, sei nicht konkret vorgetragen.
Gegen das ihm am 12.Juli 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.August 2007, einem Montag, Berufung eingelegt und diese am 12.September 2007 begründet. Ein Verfügungsanspruch bestehe, weil die Zuweisung der neuen Tätigkeit offensichtlich unbillig sei. Die angeblich neuen Aufgaben seien sowohl nach dem vorgelegten Organigramm als auch nach der Stellenbeschreibung Bestandteil der Tätigkeit des Klägers bis zum 31.März 2007 gewesen und von ihm verantwortlich wahrgenommen worden. Die Zuweisung einer Stelle als Senior Projektmanager führe zu einem erheblichen Ansehensverlust und komme einer Degradierung gleich. Dieses zeige nicht nur das Fehlen jeglicher Mitarbeiterführungsbefugnisse. Die nunmehrige Tätigkeit des Klägers erschöpfe sich im Wesentlichen in der Erstellung von Word-Dokumenten und Präsentationen. Verantwortungsvolle Aufgaben seien ihm nicht zugewiesen. Hinzu komme, dass er dem neuen Logistikleiter fachlich unterstellt sei und sich nicht lediglich abzustimmen habe. Im Übrigen sei im Gegensatz zur ersten Instanz nunmehr nicht mehr davon die Rede, dass er auf Dauer ein Einzelbüro zugewiesen bekommen solle. Dies zeige, dass hier zielgerichtet und in einer das Persönlichkeitsrecht verletzenden Weise gegen den Kläger agiert werde. Ebenso bestehe der erforderliche Verfügungsgrund. Der Kläger verliere mit jedem Tag des Festhaltens an der vertragswidrigen Beschäftigung seinen Anspruch auf vertragsgerechte Beschäftigung. Er sei ganz erheblich in seinem Persönlichkeitsrecht durch die ausgesprochene, mit einem erheblichen Ansehensverlust und einer Degradierung verbundene Versetzung beeinträchtigt. Im Übrigen sei bis 12.Juni 2007 zwischen den Parteien darüber verhandelt worden, dass der Kläger die Position des Logistikleiters für den Mitarbeiter S7 frei mache. Bis dahin habe ein Schwebezustand bestanden. Erst danach sei ihm die Stelle als Senior Projektmanager im Wege der Versetzung zugewiesen worden.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens 2 Ca 1038/07 ArbG Paderborn gemäß der Stellenbeschreibung vom 9.Mai 2005 und seinem Anstellungsvertrag vom 22.März 2002 als Leiter der Logistik der Verfügungsbeklagten weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger die seit dem 1.April 2007 im Bereich Logistik neu angesiedelten Aufgaben in der Vergangenheit voll ausgefüllt haben wolle. Im Übrigen verbiete sie sich die Behauptung, dass zielgerichtet und in einer das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzender Weise gegen diesen agiert werde. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Die ursprüngliche Stelle des Klägers sei entfallen, die neue Stelle als Logistikleiter habe ihm nicht übertragen werden können. Die Stelle eines Senior Projektmanagers sei der Stelle des Leiters Werklogistik als gleichwertig anzusehen. Der Kläger habe umfassende Leitungsaufgaben und Befugnisse. Auch verblieben ihm Mitarbeiterführungsbefugnisse im Rahmen der jeweils zu betreuenden Projekte. Ihm sei nunmehr ein adäquates Büro zugewiesen. Es sei bei der Beklagten durchaus üblich, dass Führungskräfte sich mit mehren Mitarbeitern ein Büro teilten. Der vermeintliche Ansehensverlust sei nicht nachvollziehbar. Im Übrigen habe sich der Kläger mit dem Logistikleiter nur abzustimmen. Es bestehe auch keine Berichtspflicht, vielmehr sei eine feste Reviewstruktur im Rahmen des Projektmanagements unabdingbar. Im Übrigen fehle es an einem Verfügungsgrund. Der Kläger sei nicht dringend auf eine Beschäftigung als Leiter Werklogistik angewiesen, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt habe. Darüberhinaus habe er die Dringlichkeit nicht nur dadurch selbst widerlegt, dass er zunächst ab 1.April 2007 mit seinem Antrag zugewartet habe, sondern nunmehr die Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung voll ausgeschöpft habe. Darüber drohe der Beklagten aus der sofortigen vorläufigen Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs ein Schaden, der außer Verhältnis zu dem stehe, der dem Kläger angeblich drohe. Der Bereich Logistik sei seit 1.April 2007 umorganisiert. Eine Beschäftigung des Klägers in seiner bisherigen Funktion würde die Rückgängigmachung dieser Umorganisation erfordern, dies vor dem Hintergrund, dass er gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren unterliegt, was zu einer erneuten Umstrukturierung dann führen würde. Zudem bliebe die Stelle des Senior Projektmanagers zunächst unbesetzt. Projekte könnten nicht weiter bearbeitet werden, was nachteilige Auswirkungen auf die Lieferqualität habe. Der Kläger sei der einzige Mitarbeiter mit den dafür erforderlichen fachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten bei der Beklagten.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 6.November 2007 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet.
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 b) ArbGG statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie fristgerecht ordnungsgemäß begründet, § 66 Abs. 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519, § 520 ZPO.
II.
Die Berufung ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger bis zum Abschluss des vor dem Arbeitsgericht Paderborn anhängigen Hauptsacheverfahrens (2 Ca 1038/07) als Leiter der Logistik der Beklagten gemäß dem Anstellungsvertrag vom 22.März 2002 und der Stellenbeschreibung vom 9.Mai 2005 zu beschäftigen.
1. Für die begehrte einstweilige Verfügung besteht ein Verfügungsanspruch. Die Beklagte hat den Kläger in seiner bisherigen Funktion zu beschäftigen. Zu einer Versetzung des Klägers in eine andere Funktion ist sie ohne Änderungskündigung nicht berechtigt. Der in § 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag vorgesehene Versetzungsvorbehalt ist unwirksam.
a) Der Kläger war bei der Beklagten ausweislich des Arbeitsvertrages vom 22.März 2002 gemäß Nr. 1 Abs. 1 als Leiter der Organisationseinheit "Logistik (HLS-LOG)" eingestellt. Die Zuweisung der Tätigkeit als Senior Projektmanager im Bereich Logistik stellt keine Konkretisierung dieser Tätigkeit als Leiter der Logistik dar. Vielmehr handelt es sich bei der Tätigkeit eines Senior Projektmanagers um eine andere Tätigkeit. Die Zuweisung einer anderen Tätigkeit ist jedoch im Rahmen des Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO nicht möglich.
b) Eine Versetzungsbefugnis aufgrund Direktionsrechts besteht nicht aufgrund von § 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag. Der darin enthaltene Versetzungsvorbehalt ist gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
aa) Die Vorschriften zur Gestaltung des Schuldverhältnisses durch allgemeine Geschäftsbedingungen in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes sind nach Inkrafttreten am 1. Januar 2002 auf den Arbeitsvertrag der Parteien vom 22. März 2002 anzuwenden. Es handelt sich bei seinem Inhalt um von der Beklagten als Arbeitgeberin vorformulierte Arbeitsbedingungen, die gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB einer Kontrolle nach § 305 c Abs. 2, § 306, §§ 307 bis 309 BGB auch dann unterliegen, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und der Arbeitnehmer aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Dies ist vorliegend unstreitig der Fall.
bb) Der Änderungsvorbehalt in § 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag hält einer Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB nicht stand. Die Erweiterung des Direktionsrechts mit dem Inhalt, dass die Beklagte im Bedarfsfall dem Kläger auch eine andere seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechenden Aufgabe übertragen kann, wobei sie sich bemüht, dem Kläger am gleichen Standort oder an einem anderen Standort eine Stellung anzubieten, die der vorherigen gleichwertig ist, benachteiligt entgegen den Geboten von Treu und Glauben den Kläger unangemessen.
Eine vorformulierte Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch die einseitige Gestaltung eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender und vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen (vgl. BAG, Urteil vom 11.April 2006 - 9 AZR 575/05 = AP Nr. 17 zu § 307 BGB; Urteil vom 9.Mai 2006 - 9 AZR 424/05 = AP Nr. 21 zu § 307 BGB). Unter Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten können Versetzungsklauseln den im Arbeitsrecht bestehenden spezifischen Anpassungs- und Flexibilisierungsbedürfnissen Rechnung tragen, soweit sie materiell der Regelung in § 106 Satz 1 GewO entsprechen. Ein erweiterter Versetzungsvorbehalt wird durch eine stärkere Sicherung des Arbeitsverhältnisses im Fall betriebsbedingter Kündigung bei einer in diesem Fall vorzunehmenden Sozialauswahl kompensiert. Dies ist eine Besonderheit des Arbeitsrechts, die einer weitergehenden AGB-Kontrolle entgegensteht (vgl. BAG, Urteil vom 11. April 2006, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Klausel zu beurteilen, mit der sich die Beklagte eine Änderung der zwischen den Parteien vertraglich vereinbarten Tätigkeit vorbehält. Damit hat sie sich das Recht vorbehalten, in den Inhalt des Arbeitsvertrages einzugreifen, ohne dass die in § 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 2, 3 KSchG vorausgesetzten Bedingungen für eine soziale Rechtfertigung der Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen vorliegen. Zwar sind als Voraussetzungen für eine Änderung der in Nr. 1 Abs. 1 Arbeitsvertrag vereinbarten Tätigkeit zum einen ein Bedarfsfall vorgesehen, zum anderen muss die Aufgabe der Vorbildung und den Fähigkeiten des Klägers entsprechen. Darin liegt aber kein dem Änderungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz angenäherter Schutz vor willkürlich einseitiger Änderung der vertraglich vereinbarten Tätigkeit. Der Bedarfsfall stellt die Maßnahme in das weite Organisationsermessen der Beklagten. Die Einschränkung des Kreises der zuweisbaren Aufgaben wird, wie Satz 2 zeigt, nicht auf die Zuweisung einer gleichwertigen Tätigkeit beschränkt. Die Beklagte sagt dem Kläger lediglich das Bemühen um eine gleichwertige Stellung zu, bindet sich jedoch nicht in dieser Weise. Sie behält sich damit vor, auch eine geringwertigere Tätigkeit dem Kläger zuzuweisen.
Hat sich der Arbeitgeber vorbehalten, dem Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz mit geringwertigerer Tätigkeit zuzuweisen, ist das als schwerwiegender Eingriff in den gesetzlich gewährleisteten Inhaltsschutz anzusehen. Dies ist mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unvereinbar (vgl. BAG, Urteil vom 9.Mai 2006, a.a.O.). So liegt es hier. Bei Anlegung des vom Einzelfall losgelösten Maßstabs ist festzustellen, dass die von der Beklagten vorformulierte Klausel in Nr. 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag keine Einschränkung enthält, dass eine einseitige Änderung der Art der Tätigkeit nur dann zugelassen werden soll, wenn diese in der Zuweisung einer anderen gleichwertigen Tätigkeit besteht. Diese zu weit gefasste Änderungsklausel ist nicht mit dem Inhalt aufrecht zu erhalten, dass nur einseitige Änderungen der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit zulässig sind, wenn damit die Zuweisung einer gleichwertigen anderen Tätigkeit verbunden ist. Eine geltungserhaltende Reduktion einer zu weit gefassten Klausel scheidet aus (vgl. BAG, Urteil vom 11.April 2006 - 9 AZR 610/05 = AP Nr. 16 zu § 307 BGB; Urteil vom 9.Mai 2006, a.a.O.). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Stelle eines Senior Projektmanagers tatsächlich gleichwertig mit der des Leiters der Organisationseinheit Logistik ist.
c) Ob im Falle einer Versetzung es für die Durchsetzung des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf vertragsgemäße Beschäftigung erforderlich ist, dass die Versetzung offensichtlich unwirksam ist, erscheint zweifelhaft, kann aber offen bleiben.
aa) Für den nach Ablauf der Kündigungsfrist bzw. Zugang einer fristlosen Kündigung anerkannten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch ist es grundsätzlich Voraussetzung, dass ein Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt hat. Nur in dem Fall, in dem die Kündigung offensichtlich unwirksam ist, besteht er ohne vorherige gerichtliche Feststellung. Im Falle einer offensichtlich unwirksamen Kündigung kann aber das Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers nicht überwiegen (vgl. BAG GS, Beschluss vom 27.Februar 1985 - GS 1/85 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Soll dagegen der im Fall einer Kündigung zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist noch bestehende Beschäftigungsanspruch durchgesetzt werden, bedarf es einer offensichtlichen Unwirksamkeit der Kündigung grundsätzlich nicht. Stattdessen muss ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an einer Suspendierung des Arbeitnehmers bestehen (vgl. BAG GS, Beschluss vom 27. Februar 1985, a.a.O.; LAG Hamm, Urteil vom 3.Februar 2004 - 19 Sa 120/04 = NZA-RR 2005, 358 <359>). Dies gilt erst recht, wenn dieser allgemeine Beschäftigungsanspruch, der aus einer aus Treu und Glauben sich ergebenden Pflicht des Arbeitgebers herzuleiten ist, während des streitlos bestehenden Arbeitsverhältnisses durchgesetzt werden soll. Der allgemeine Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ist lediglich bei entgegenstehenden überwiegenden schutzfähigen Arbeitgeberinteressen begrenzt (BAG GS, Beschluss vom 27.Februar 1985, a.a.O.). Dies gilt auch im Falle einer Versetzung, d.h. wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zuweisen will. Ist zwischen den Parteien im Streit, ob dies im Wege des Direktionsrechts möglich ist, bedarf es jedenfalls dann, wenn im einstweiligen Verfügungsverfahren von der Unwirksamkeit der Versetzung auszugehen ist, eines überwiegenden Interesses des Arbeitgebers an der Beschäftigung des Arbeitnehmers mit der zugewiesenen Tätigkeit. Eine offensichtliche Unwirksamkeit der Versetzung ist nicht erforderlich. Insoweit ist sie nicht mit einer Kündigung vergleichbar.
bb) Ob ein überwiegendes Interesse der Beklagten an der Beschäftigung des Klägers als Senior Projektmanager besteht, kann offen bleiben. Ein überwiegendes Interesse ist nicht anzunehmen, wenn eine Versetzung offensichtlich unwirksam ist. Eine solche offensichtliche Unwirksamkeit liegt vor. Die Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag der Parteien ist rechtsunwirksam, die Beschäftigung als Senior Projektmanager statt als Leiter der Logistik ist offensichtlich unwirksam. Insoweit handelt es sich lediglich um eine anhand der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eindeutig zu entscheidende Rechtsfrage.
2. Für die einstweilige Verfügung besteht auch ein Verfügungsgrund.
a) Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts ohne alsbaldige einstweilige Regelung vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Zur Abwendung dieser Gefahr muss die einstweilige Verfügung erforderlich sein. Angesichts der Tatsache, dass die zur Beschäftigung verpflichtende einstweilige Verfügung einen Fall der Leistungsverfügung darstellt und Erfüllungswirkung hat, ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Es kommt insoweit darauf an, ob die unstreitigen oder die glaubhaft gemachten Gesamtumstände es in Abwägung der beiderseitigen Belange zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich erscheinen lassen, eine sofortige Regelung zu treffen. Da die tatsächliche Beschäftigung nicht rückabgewickelt werden kann, kann die zur Beschäftigung verpflichtende einstweilige Verfügung mit irreparablen Nachteilen für den Arbeitgeber verbunden sein. Daher ist sorgfältig zu prüfen, ob das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers der Sicherung durch die einstweilige Verfügung bedarf oder ob die bei zu Unrecht verweigerter Beschäftigung eintretende Sicherung des Verfügungsanspruchs durch die Regelungen des Annahmeverzugs nicht schon seinen Interessen ausreichend Rechnung trägt. Dazu bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung. Je größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Arbeitgeber die Beschäftigung zu Recht ablehnt, desto strengere Anforderungen sind an den Verfügungsgrund zu stellen. Bestehen aber an dem Bestand des Verfügungsanspruchs keine vernünftigen Zweifel, ist eine einstweilige Verfügung zu erlassen, da das mögliche Interesse des Arbeitgebers an der Beibehaltung einer offensichtlich rechtswidrigen Verfahrensweise rechtlich nicht schützenswert ist. Die Anforderungen an den Verfügungsgrund sind umso geringer, desto schwerer und offensichtlicher die drohende und bestehende Rechtsverletzung ist (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 12.Dezember 2001 - 10 Sa 1741/01 = NZA-RR 2003, 311 <313 f.>; Urteil vom 18.September 2003 - 17 Sa 1275/03 = NZA-RR 2004, S.244 <246 f.>; Urteil vom 8. November 2004 - 8 Sa 1798/04; juris; Urteil vom 28.März 2007 - 10 SaGa 11/07, juris).
Schon der verfassungsrechtlich gestützte Grundsatz effektiver Rechtsschutzgewährung gebietet es, dass vor einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache diejenige Partei, welcher ein unzweifelhafter Rechtsanspruch zusteht, diesen jedoch wegen des staatlichen Gewaltmonopols nicht eigenmächtig durchsetzen darf, gerichtliche Hilfe bereits im Vorgriff auf die Hauptsacheentscheidung erlangen kann, welche sich nicht allein auf "Notfälle" bzw. "nicht wieder gut zu machende Nachteile" beschränkt (vgl. LAG München, Urteil vom 19.August 1992 - 5 Ta 185/92 = LAGE Nr. 32 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; LAG Hamm, Urteil vom 8.November 2004, a.a.O.). Je weniger Zweifel an der Berechtigung des Verfügungsanspruchs bestehen, desto geringere Anforderungen sind an den sog. Verfügungsgrund und die hierbei gebotene Interessenabwägung zu stellen, damit nicht die rechtsuchende Partei allein deshalb in ihren Rechten beschnitten wird und endgültige Nachteile erleidet, weil die typischerweise einzuhaltenden Förmlichkeiten des Gerichtsverfahrens einer kurzfristigen Streitbeilegung entgegen stehen. Soweit danach die Prozessordnung wie vorliegend neben den Regeln des Hauptsacheverfahrens auch Eilentscheidungen vorsieht, besteht weder ein allgemeines Verbot der "Vorwegnahme der Hauptsache" im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, noch kann aus denselben Gründen der Erlass einer sog. Befriedigungsverfügung an den Eintritt "schwerster Nachteile" gebunden werden. Ist die Berechtigung der Position des Verfügungsklägers keinen ernsthaften Zweifeln ausgesetzt, genügt vielmehr ein überwiegendes Interesse an der zeitnahen Durchsetzung, um eine Eilentscheidung des Gerichts zu rechtfertigen (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 12.Dezember 2001, a.a.O.; Urteil vom 8.November 2004, a.a.O.; überholt daher LAG Hamm, Urteil vom 18.Februar 1998 - 3 Sa 297/98 = NZA-RR 1998, 422).
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall besteht ein Verfügungsgrund.
aa) Im vorliegenden Fall besteht unzweifelhaft ein Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung als Leiter der Organisationseinheit Logistik. Angesichts des Fixschuldcharakters der Beschäftigungspflicht tritt bei Aufrechterhaltung der Maßnahme der Beklagten ein dauerhafter Rechtsverlust ein, obwohl aufgrund des fehlenden Versetzungsrechts die Maßnahme eindeutig rechtswidrig ist. Der Kläger droht, für einen nicht unerheblichen Zeitraum seines Beschäftigungsanspruchs endgültig verlustig zu gehen. Der Kläger hat über das durch § 615 BGB abgesicherte materielle Interesse hinaus gerade im Hinblick auf die von der Beklagten vorgenommenen Änderungen des Logistikbereichs ein erhebliches Interesse daran, diesen Prozess als Logistikleiter maßgeblich mit zu steuern. Im Hinblick auf den Einsatz eines neuen Logistikleiters besteht darüber hinaus ein deutliches Interesse des Klägers, die Schaffung von Fakten zu seinen Lasten zu verhindern und nicht die Bindung sowohl an den Betrieb als auch den von ihm geleiteten Logistikbereich zu verlieren. Insoweit ist es von entscheidender Bedeutung, dass durch die Zuweisung einer Tätigkeit ohne die umfassende Mitarbeiterführungsbefugnis für einen kompletten Bereich und die damit verbundene Verantwortung sowohl für die personelle Führung als auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer von der Beklagten selbst als zentral bezeichneten Abteilung der Kläger nicht mehr als Führungskraft im Unternehmen der Beklagten anzusehen ist. Als solcher war er aber bisher tätig. Indem die Beklagte eine neue Person mit der Logistikleitung beauftragt hat, die nach ihrer in diesem Prozess selbst bekundeten Auffassung geeigneter ist als der Kläger, hat er zudem einen erheblichen innerbetrieblichen Ansehensverlust zu erleiden, wenn er statt seiner bisherigen Leitungsfunktion eine bestenfalls als nachgeordnete Stabsfunktion zu bezeichnende Tätigkeit wahrnimmt.
bb) Insoweit sind die Tätigkeiten als Leiter der Logistik mit denen eines Senior Projektmanagers entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gleichwertig. Es ist unerheblich, dass der Kläger für seine Tätigkeit dieselbe Vergütung erhält. Entscheidend ist, dass das Projektmanagement in den Logistikbereich eingeordnet und durch das Erfordernis einer Abstimmung mit dem nunmehrigen Logistikleiter der Kläger den Logistikbereich nicht mehr verantwortlich leitet, sondern nur noch als Teil desselben für einzelne Projekte zuständig ist. Die ihm dabei gegebenenfalls projektbezogen zukommenden Mitarbeiterführungsbefugnisse sind gegenüber der bisherigen Verantwortung in diesem Bereich deutlich gemindert. Darüber hinaus trägt er nicht mehr die Verantwortung für den Logistikbereich, sondern hat lediglich eine unter-stützende Funktion gegenüber dem neuen Logistikleiter, dem nunmehr die Verantwortung für die Abteilung obliegt. Deutlicher kann eine fachliche Herabstufung nicht sein. Dies kommt in dem Abstimmungserfordernis und der sog. Reviewstruktur im Rahmen des Projektmanagements zum Ausdruck. Auch hier bleibt der Kläger gegenüber dem Logistikleiter untergeordnet und trägt nicht mehr die bisherige Verantwortung für den Logistikbereich.
Die dem Kläger übertragenen Aufgaben mögen wichtig sein. Zur Führungsebene des Unternehmens gehört er jedenfalls mit der Versetzung nicht mehr. Dass dies auch so von der Beklagten gesehen wird, zeigt die vorübergehende Unterbringung des Klägers auf dem Durchgang eines Großraumbüros und die nunmehr entgegen der ursprünglichen Absicht erfolgte Zuweisung eines Arbeitsplatzes in einem Mehrpersonenbüro. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass es durchaus üblich bei ihr sei, Führungskräfte mit anderen Mitarbeitern zusammen zu setzen, mag dies zutreffen, wenn es sich um nachgeordnete Mitarbeiter handelt. Im vorliegenden Fall ist dies jedoch nicht der Fall. Insoweit dokumentiert die Beklagte selbst, dass sie die Aufgabe des Klägers als Senior Projektmanager als nicht so gewichtig ansieht, dass er dieser in Ruhe in einem Einzelbüro nachgehen kann, wie es aber offensichtlich für Führungspersonen wie den Logistikleiter erforderlich ist.
cc) Durch den Einsatz des Klägers in seiner bisherigen Funktion drohen der Beklagten keine irreparablen Schäden. Soweit sie darauf verweist, dass ab 1.April 2007 im Logistikbereich eine Umorganisation stattgefunden habe, ist dies unerheblich. Die Beklagte verkennt, dass die Zuweisung von neuen Aufgabenbereichen bzw. die Zurückzuweisung von ursprünglich zur Logistik gehörenden Bereichen aus der Fertigung (Disponenten) zwar das Aufgabenfeld eines Logistikleiters erweitert, jedoch nichts an seiner Tätigkeit ändern. Bereits aus der Zielbeschreibung der Stelle des Klägers ergibt sich eine umfassende Zuständigkeit für den gesamten Logistikbereich. Darüber hinaus ist unstreitig, dass er für weite Bereiche der Produktionsplanung bereits zuständig gewesen ist und lediglich aufgrund einer nunmehr wieder rückgängig gemachten Umstrukturierungsmaßnahme die disziplinarische Zuständigkeit für diesen Bereich verloren hat.
Auch bei den übrigen von der Beklagten genannten Bereichen handelt es sich um typische Logistikaufgaben, die von einem Logistikleiter zu bewältigen sind. Die Zuweisung dieser Aufgaben und Verantwortungsbereiche stellt lediglich eine Konkretisierung des Arbeitsbereiches dar, die der Kläger als Logistikleiter gemäß Arbeitsvertrag zu bewältigen hat. Insoweit hat die Beklagte keine neue Stelle geschaffen, die neu zu besetzen ist, sondern lediglich die Person ausgetauscht, die die Stelle des Logistikleiters wahrnimmt. Dies mag, da sie offenkundig fachliche Vorbehalte gegenüber dem Kläger hegt, auf dem dafür vorgesehenen Weg einer personen- oder verhaltensbedingten Änderungskündigung geschehen. Im Wege des Direktionsrechts und einer Versetzung ist dies jedenfalls nicht möglich. Eine Beschäftigung des Klägers in seiner bisherigen Funktion erfordert lediglich einen Austausch der Personen, nicht eine Rückgängigmachung der vorgenommenen organisatorischen Maßnahmen in diesem Bereich.
c) Der Kläger hat durch sein Zuwarten ab 1.April 2007 bis zu seinem Antrag vom 21.Juni 2007 die Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht selbst widerlegt. Entsprechendes gilt für die Ausschöpfung der Fristen für Berufung und Berufungsbegründung.
Der Kläger hat zwar den Entzug seines bisherigen Aufgabenbereiches ab 1.April 2007 zunächst hingenommen. Dies geschah jedoch allein vor dem Hintergrund der zwischen den Parteien geführten Verhandlungen über eine alternative Beschäftigung des Klägers bzw. eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wenn in einem solchen Stadium ein Arbeitnehmer dem Entzug seiner bisherigen Tätigkeit nicht sofort im Wege einer einstweiligen Verfügung zu begegnen sucht, spricht dies nicht gegen die Dringlichkeit eines späteren Antrags. Es ist nachvollziehbar, verständlich und zweckmäßig, wenn Verhandlungen zwischen Arbeitsvertragsparteien nicht durch eine gerichtliche Auseinandersetzung über die Art der Beschäftigung des Arbeitnehmers belastet werden. Erst in dem Moment, wo der Arbeitgeber einseitig Maßnahmen zur konkreten Beschäftigung des Arbeitnehmers anordnet, muss ein Arbeitnehmer reagieren. Dies war vorliegend erst der Fall, als die Beklagte die Versetzungen schriftlich aussprach. Hiernach ist die Antragstellung zeitnah erfolgt.
Ebenso wenig verliert der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die erforderliche Dringlichkeit, wenn nach abweisendem Urteil erster Instanz der Arbeitnehmer sowohl die Berufungsfrist als auch die Berufungsbegründungsfrist ausschöpft (a.A. ohne Begründung, LAG Düsseldorf, Urteil vom 1.Juni 2005 - 12 Sa 352/05 = MDR 2005, 1419 <1420>). Es ist nicht ersichtlich, dass ein Arbeitnehmer durch Ausschöpfung der Rechtsmittelfristen in irgendeiner Form zu erkennen gibt, dass die Durchsetzung seines Anspruchs (hier des Beschäftigungsanspruchs) nicht mehr dringlich ist. Im Gegenteil ist es jedem Verfügungskläger zuzugestehen, nach Erfolglosigkeit in der ersten Instanz und zur Vermeidung unnötiger Rechtsmittel die Fristen auszuschöpfen, um zum einen die Aussichten eines möglichen Rechtsmittels zu überprüfen und für den Fall, dass es eingelegt wird, dieses durch die notwendige sorgfältige Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung auch zu begründen, um damit eine Aussicht auf Erfolg, d.h. auf Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zu haben. Dass dies Zeit kostet, hat der Gesetzgeber durch die Einräumung von Fristen für Berufung und Berufungsbegründung entsprechend geregelt. Jedenfalls dann, wenn - wie hier - durch Ausschöpfung der Fristen der geltend gemachte Verfügungsanspruch nicht obsolet wird, sondern auch weiterhin nach ordnungsgemäßer Durchführung das Berufungsverfahren durchsetzbar bleibt, kann der Rechtsschutz vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen nicht dadurch verkürzt werden, dass der Verfügungskläger ihm gesetzliche zustehende Verfahrensrechte wahrnimmt.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert war im Hinblick auf den geltend gemachten Beschäftigungsanspruch, dessen Erfüllung der Kläger begehrt, auf den doppelten Bruttomonatsverdienst festzusetzen.
Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß § 72 Abs. 4 ArbGG nicht zulässig.
Ende der Entscheidung
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